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Einzelheiten über Möglinger Pfarrer

(aus Heimatglocken von Pfarrer Adolf Rentschler)

HGl. Nr. 35 vom Februar 1932:

 

Brief von Pfarrer Michael Schäfer aus dem Jahr 1545 an Herzog Ulrich:

Hintergründe:

Michael Schäfer, von Bonlanden gebürtigt, war, als Herzog Ulrich im Jahr 1534 nach Wiedereroberung seines Landes die Reformation einzuführen begann, noch katholischer Kaplan an der Uffkirche in Cannstatt. Vor die Frage gestellt, ob er katholisch bleiben und seines Amtes verlustig gehen oder die lutherische Lehre annehmen wolle, entschied er sich für das letztere und wurde auf seiner bisherigen Stelle als evangelischer Pfarrer bestätigt.

Vom 1. Mai 1541 wurde ihm die besser besoldete Möglinger Pfarrei übertragen, neben der er mehrere Jahre hindurch die Nachbargemeinde Pflugfelden (nach Abgang des damaligen Pfarrers Johann Stänglin) versah. Als aber der bigott katholische Kaiser Karl V. dem deutschen Land das sogenannte Interim, eine mehr katholische, als evangelische Mischreligion aufzwang, musste der Herzog schweren Herzens am 11. Nov. 1548 seine evangelischen Pfarrer entlassen.

Diese hatten ohnehin schon im Schmalkaldischen Krieg unter dem Übermut der plündernden kaiserlichen Scharen, zumeist Spanier, die u. a. den nahen Asperg besetzt hielten, und die strenge Einführung des Interims überwachten, viel zu leiden gehabt und sahen sich nun vollends dem Elend ausgesetzt.

Unter diesen Unglücklichen befand sich nun auch der Möglinger Pfarrer Michael Schäfer. In seiner Notlage wand er sich an Herzog Ulrich mit der Bitte, ihm wieder die Kaplanei der Uffkirche in Cannstatt und die damit verbundenen Einkünfte in die einstens der Bischof von Konstanz eingesetzt habe, zu verleihen. Er bekundete damit die Bereitschaft, der Forderung des Kaisers gemäß seiner alten Gemeinde als Interims- bzw. als katholischer Messpriester aufs neue zu dienen. Offenbar hatte er keine Ahnung davon, dass der Herzog die Interimsreligion im Herzen hasste und ihrer Einführung soviel er konnte, passiven Widerstand entgegensetzte. So ist nicht verwunderlich, dass seine Bitte unerhört blieb und Pfarrer Schäfer die herzogliche Ungnade zu fühlen bekam.

Erst nach 3 Jahren, als das Interim wieder abgeschafft und das Licht des Evangeliums wieder auf den Leuchter gestellt worden war, wurde Schäfer auf seine demütige Bitte und Abbitte (wegen seines schändlichen Rückfalls) wieder zu Gnaden angenommen und erhielt im Jahr 1552 die Pfarrei Stammheim, die er aber nur noch 2 Jahre versehen durfte. Seinen Abfall vom Evangelium hatte er inzwischen schmerzlich bereut und in einem Bittgesuch an den Herzog bekannt, dass er leider „aus menschlicher Schwäche und Blödigkeit und wegen vielfältiger Bedrohung und Vergewaltigung durch das spanische Kriegsvolk seinerzeit das Interim angenommen habe.

 

Der Brief, datiert vom 2. Dez. 1548, lautet in heutiges, verständlichen Deutsch übertragen:

Durchlauchter hochgeborener Fürst, gnädiger Herr!

Euer Fürstlicher Gnaden bitte ich untertänigst mit demütigem Fleiß mich in  diesem meinem folgenden Anliegen gnädiglich anzuhören. – Ich habe die Pfarrei zu Möglingen mit Predigten und anderen Diensten (soviel  mit Gott Gnade verliehen) nunmehr eine gute Zeit versehen. Nunmehr bin aber vor kurzem durch den Vogt zu Markgröningen im Namen Euer Fürstlichen Gnaden gnädiglich beurlaubt worden, was mir nicht wenig beschwerlich fällt, zumal wenn man bedenkt, dass ich mit vielen Kindern beladen und unlängst durch das spanische Kriegsvolk völlig zugrunde gerichtet und an den Bettelstab gebracht worden bin.

Da ich, gnädiger Fürst, nunmehr ein armer kranker Mann bin und in diesem meinem Elend nirgends einen Aufenthalt weiß, da mir auch die Stuttgarter Stiftsherren zustehende Kaplanei zu Cannstatt, dahin ich einst vom Bischof zu Konstanz eingesetzt worden war, durch Euer Fürstliche Gnaden vor Jahren entzogen wurde, so bitte ich Euer Fürstliche Gnaden ganz untertänig, man wolle mich auf diese Kaplaneipfründ wieder kommen lassen. Dagegen bin ich erbötig, alles was mir Eure Fürstliche Gnaden auferlegt, zu versehen. Gnädiger Antwort wartend, will ich solche Fürstliche Gnade mit meinem armen Gebet gegen Gott ganz untertänig verdienen.“

 

Euer Fürstlichen Gnaden untertäniger gehorsamer

Michael Schäfer, gewesener Pfarrer zu Möglingen

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HGl. Nr. 37 vom April 1932:

 

Noch zu Pfarrer Schäfer:

Die erlittenen Drangsale hatten seine Gesundheit untergraben, die Pfarrei Stammheim konnte er nur noch 2 Jahre bis 1554 versehen; ein Schlaganfall machte ihn zu einem hilflosen Krüppel, so dass er 1554 um die Aufnahme in ein Spital nachsuchen musste.

Wenn wir auch dem vielgeplagten Mann ein Mitgefühl nicht versagen können, ein vorbildlicher Seelsorger und charaktervoller Christ war er nicht: Es wurde ihm nachgesagt, dass er sich als Geistlicher in Cannstatt mehr des Fenstermachens und Glasens als der Bibel angenommen habe.

 

Ein wenig würdiger Kirchendiener muss auch der vierte Nachfolger Schäfers im Möglinger Pfarramt gewesen sein:


Wolfgang Wild
– hier 1563 bis 1566.

Von diesem wird erzählt, dass er sich auf seiner letzten Pfarrei Musberg (1566 – 1569) wegen der Errichtung einer neuen Pfarrscheuer mit dem dortigen Schultheißen derart gezankt und gerauft habe, dass er seines Dienstes entlassen wurde. Für den Schultheiß hatten jene Raufhändel die Folge, dass er ein heilloser Mann wurde, d.h. dass er ein lebenslanges Siechtum davon trug.

 


Georg Lechner

Eine umso erfreulichere und ehrenwerte Gestalt war dessen direkter Nachfolger Pfarrer Georg Lechner aus Rosenheim in Bayern (1566 – 1609 hier).

Sein Grabdenkmal ist noch im Kirchhof an der südlichen äußeren Kirchenmauer erhalten. Bei den Kirchenvisitationen wird seiner Lehre und seinem Wandel stets das beste Zeugnis ausgestellt.

Im November 1607 bittet er, 83 Jahre alt, nach 41 jährigem treuem Kirchendienst am hiesigem Ort, die Stadt Stuttgart um gnädige Amtsenthebung und zugleich um Berufung seines Sohnes Joseph (damals Diakonus in Heidenheim) in seine Nachfolge.

Die hiesige Gemeinde begleitet sein Gesuch mit folgender Empfehlung vom 19. Nov 1607:

Schultheiß, Bürgermeister, Gericht und Rat, auch ganze Gemeinde des Fleckens Möglingen, Gröninger Amts an Stadtvogt, Bürgermeister, Gericht und Rat der fürstlichen Hauptstadt Stuttgart. – Georg Lechner, über 41 Jahre gewesener Seelsorger, hat seinem Amt mit Predigten und anderen dienstlichen Verpflichtungen seinem besten Vermögen nach mit getreuem Fleiß abgewartet, so dass wir in allweg wohl zufrieden gewesen, auch alle seine Herren und Vorgesetzten sich nicht werden zu erinnern haben, dass jemals seinetwegen billige Klagen vorgekommen. Nachdem er aber seines hocherreichten Alters wegen dermaßen erschöpft und entnervt, dass er eine zeitlang nicht aus- und auf die Kanzel gehen können, sondern krank zu Bett gelegen, möchten wir zwar von Herzen wünschen, dass er seine frühere Gesundheit wiederum erlangen und uns mit Lehren und Predigten vorstehen könnte, - weil es aber menschlicher Erachtung nach der erschöpften Lebenskräfte halber in der Harr nicht wird sein können, so erbitten wir uns für den Fall, dass der hocherlebte Pfarrer nicht mehr die Kirche besuchen könnte, seinen Sohn M. Joseph Lechner, Diakonus zu Heidenheim, als Nachfolger, da wir denselben aus besonderer Zuneigung zu unserem Seelsorger und Prediger vor andren von Herzen gern und nichts lieber denn ihn diesmal dulden und leiden möchten.

 

Der Gesundheitszustand scheint sich in der Folgezeit wieder etwas gebessert zu haben, so dass Georg Lechner noch bis zu seinem 85. Lebensjahr den Pfarrdienst versehen konnte. Ein erneutes Gesuch um Entlassung im August 1609 fand endlich Erhörung. In Anerkennung seiner treuen Dienste wurde ihm auch sein heißester Alterswunsch erfüllt, seinen Sohn ins hiesige Pfarrersamt nachrücken zu sehen und so seinen Wohnsitz im Pfarrhaus behalten zu können. Vom Vertrauen und der Verehrung der ganzen Gemeinde getragen, durfte der edle Greis noch 4 Jahre im Ruhestand an der Seite seiner Gattin und unter den pflegenden Händen seines Sohnes und seiner Schwiegertochter  verbringen, bis er  fast 90 jährig, am 21. Juni 1613 zur ewigen Ruhe eingehen durfte.

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HGl. Nr. 38 vom Mai 1932:

 

Bittschrift des Pfarrers Georg Lechner von 1609:

Durchlauchter hochgeborener Fürst, Euer Fürstliche Gnaden versichere ich zuvor meines untertänigsten Gehorsams und willigen Dienstes nebst meinem demütigen emsigen Gebet.

Gnädiger Fürst und Herr!

Gottes Gnade hat mich alten 85jährigen Mann bis hieher erhalten, nachden ich zuerst 1 Jahr lang Kollaborator an der latein. Schule in Schorndorf, sodann ein weiteres Jahr Diakonus und Präzeptor in Murrhardt, darauf 4 Jahre Pfarrer in Bibersfeld, 1 ½ Jahre Uhlbach und endlich 44 Jahre hier in Möglingen gewesen, also im Ganzen 51 ½ Jahre bis in mein hohes Greisenalter der Kirche gedient habe. Unterdessen hat mich der gnädige Gott nicht allein mit vielen Kindern gesegnet, sondern auch in diesem meinem, ohnedies beschwerlichen Alter mit mancherleit Leibeskrankheiten väterlich heimgesucht, so dass mein lieber Sohn, M. Joseph Lechner, der zuerst Pfarrer in Cleversulzbach, dann in Affalterbach gewesen, nun aber seit 2 ½ Jahren als Diakonus in Heidenheim wirkt, mich etliche Male mit Erlaubnis des Herrn Dekan in hiesigen Predigtdienst vertreten musste.

Dabei hat dieser mein Sohn das Wohlgefallen und die Zuneigung der ganzen hiesigen Gemeinde gewonnen in einer Weise, dass sie sich denselben schon vor 2 Jahren von den Herren in Stuttgart als meinen Nachfolger in hiesigen Amt erbat und mit gnädiger fürstlicher und kirchenrätlicher Gutheißung deren Zusage erlangte.

Unter dieser Voraussetzung gedenke ich, mit einem Ruhegehalt gnädiglich versehen, mich nunmehr zur Ruhe zu begeben.

Sollte jedoch wider mein Versehen ein anderer als Amtsnachfolger hieher verordnet werden, wollte ich lieber meines  Pfarrdienstes hier mit göttlicher Gnade weiterhin abwarten.

Daher ist nebst emsigen Gebet meine untertänigste und flehentliche Bitte, Euer fürstliche Gnaden wollen mir altem hochbetagtem Kirchendiener aus besonderer fürstlicher Zuneigung gegen den geistlichen Stand die Gnade erweisen, vor allem meinen Sohn vor anderen hieher als Pfarrer anzunehmen und zu bestätigen, damit es alsbald uns beiden ein Stecken und Stab unseren schwachen Alters sei.

Solche hohen Gnadenerweisung will ich die Tage meines Lebens Euer fürstl. Gnaden mit emsigen und eifrigem Gebet gegen Gott dem Allmächtigen demütig verdienen.

 

     Gnädiger Willfahrung untertänig wartend

         E.F.G. untertäniger gehorsamer

  Georgius Löchner, Pfarrherr zu Möglingen, Gröninger Amts

 

In dem Begleitschreiben des Dekans von Markgröningen vom 24. August 1609 heißt es:

 

Obiger Bittstelle hat jederzeit seinen anbefohlenen Dienst mit treuestem Fleiß vorgestanden, untadelig in Lehre und Wandel und hat, wie die Visitationsberichte ausweisen, jedes Mal ein gutes Zeugnis von den Gemeindevertretern erhalten. Nun gedenkt er sich in seinem hohen Alter zur Ruhe zu begeben und abzudanken, doch nur wenn er sich einer gebührlichen Altersversorgung sich getrösten dürfte und seinen Sohn zu Trost und Freude seines hohen Alters als Nachfolger bekäme.

Demnach ist seinetwegen meine untertänigste und flehentliche Bitte, Euer Füstliche Gnaden wollen diesen greisen Pfarrer in Anbetracht seiner unter vier Fürsten geleisteten treuen kirchlichen Diensten gnädig ansehen und seinem Wunsch entsprechend seinen Sohn, Diakonus in Heidenheim, der – wie man hofft – von den Konsistorialräten für tauglich befunden werde, vor anderen mit der Pfarrei Möglingen gnädig  zu bedenken. Doch soll Euer Fürstlicher Gnaden in nichts vorgegriffen, sondern alles in dero Belieben gestellt sein. Ohne Zweifel wird besagter alter herr Pfarrer samt allen seinen Anverwandten solche hohe Gnade mit eifrigem Flehen zu Gott um lange Gesundheit und glückliche und friedfertige Regierung Euer fürstl. Gnaden inständig erwidern.

Gnädiger Erhörung untertänig hiemit wartend, sowie Euer Fürstl. Gnaden dem allein weisen Gott in seinem Gnadenschutz  - Dero anbefohlenem Land und Leuten zum Trost und Dero beherrlichen Gnaden mich selbst untertänig befehlend.

 

      Datum Gröningen 24. Aug. Anno Salutis 1609

      E. F. G. untertäniger gehorsamer Specialis allda

      M. Jakobus Schoffius

 

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