Die Alamannischen Gräberfunde in Möglingen                                zurück zu vor 1600

           (nach Hermann Seybold - aus dem Jahr 1954)                                   zurück zu     1900-1950

Im Februar 1909 war man in Möglingen beim Neubau des Hauses 268 (Spillmann, heute Bahnhofstr/Gartenstr.) 

auf zwei Skelettgräber gestoßen. 1922 wurde beim Bau des Hauses Rothacker

südlich davon ein Grab gefunden und am 2. bis 4. August 1932
stieß man ebenda auf der Westseite der Strasse beim Abheben des
Geländes zur Schaffung von drei Bauplätzen wieder auf Gräber, fünfzehn an der Zahl.
Im Frühjahr 1952 wurden beim Bau des Hauses Schnaitmann (heute Alemannenstraße) 

weitere Skelett-Gräber gefunden.

Die planmässige Anordnung der Gräber in Reihen und die Lage der Skelette in Richtung Ost - West 

mit Kopf im Westen lassen erkennen, dass es sich um einen alten Friedhof handelt. 

Sein Alter zeigen die Totenbeigaben, die man von Hunderten anderer Gräberfelder kennt und
aufgrund zahlreicher Einzelbeobachtungen ins 5. bis 7. Jahrhundert n.Chr.
anzusetzen hat. Die Gräber stammen also vom ältesten bekannten Friedhof in Möglingen 

und reichen nahezu in die Zeit der Gründung des Ortes zurück. die nach dem Jahr 260 n.Chr., 

der Zeit der Eroberung des vorher römischen Landes durch die Alamannen erfolgte. Anfangs
scheinen die Alamannen ihre Tote wie in ihrer Heimat an der mittleren
Elbe noch verbrannt zu haben, da Skelettgräber erst um 400 oder später beginnen.

Der jetzt bekannt gewordene Friedhof liegt ein gut Stück abseits des
ältesten Dorfteils, der bei der Kirche angenommen werden kann und
ist von diesem durch eine Senke getrennt. Zahlreiche andere Beispiele
berechtigen zu der Annahme, dass Möglingen in den ersten Jahrhunderten
aus zwei oder mehr getrennten wehrhaften Siedlungen mit je eigenem
Friedhof bestand. Es könnte also der auf dem flachen Rücken nördlich
vom Ort gelegene und von der Bahnhofstr. durchschnittene Friedhof. zu
einer längst abgegangenen Teilsiedlung etwa am Nordrand des heutigen 
Dorfes (im Jahr 1954) gehört haben. In schriftlichen Urkunden erscheint Möglingen 
erst im Jahr 1275. Sein Name Megeningen enthält den Personennamen
Magino und bedeutet soviel wie: die Leute des Magino.

Die gefundenen Gräber bilden bis heute die einzige Urkunde, die wir
von dem ersten Jahrtausenden des Bestehens des Dorfes haben. Sie
geben uns mit ihren Beigaben einen, wenn auch sehr lückenhaften
Einblick in die kulturellen Verhältnisse der damaligen Zeit. Von den
vielen Gaben die einstmals den Toten ins Grab gelegt worden waren
sind nur diejenigen erhalten geblieben, die nicht der Verwesung und
Vermoderung im Boden unterlagen.
Gewänder, Tücher und die nach dem Zeugnis des ausnahmsweise gut erhaltenen 
Grabfeldes von Oberflacht zahlreichen Geräte aus Holz sind
wie die Früchte des Feldes und Waldes verschwunden. Selbst von dem
Holzsarg ließen sich nur noch in einem der Gräber Spuren erkennen.
Erhalten geblieben sind im allgemeinen nur die Beigaben aus Ton und Glas.

Die Tiefe der in dem reinen Lehm eingesetzten Gräber beträgt 50 bis 80 cm.
Steine, wie sie nicht selten zum Bau alamanischer Grabkammern verwandt wurden, 

zeigten sich nirgends. Von den Skeletten waren besonders die Schädel mehrfach 

noch gut erhalten. Ein halbes Dutzend konnte zwecks anthropologischer Untersuchung 

geborgen werden. An den Gebissen lässt sich erkennen, dass sie Erwachsenen, zum Teil
hochbetagten Menschen gehörten.
Unter den fünfzehn neuen Gräber werden durch die Beigaben vier als
Männer, drei als Frauengräber gekennzeichnet. Zwei Gräber enthielten
keine, sechs solche Beigaben, die sich sowohl in Männern wie in
Frauengräbern finden.

Es folgt zunächst ein Verzeichnis der Gräber von Süd nach Nord 
mit ihren Beigaben:


Grab 1: ohne Beigaben

Frauengrab 2: 32 Perlen einer Halskette. Die einfarbigen Perlen
dunkelblau, gelb, grün, weiß, rot, sind klein. Die mehrfarbigen
meist walzenförmig erreichen 3 Zentimeter Größe. Beispiele für die
Perlen: gelbe oder weiße Streifen auf rotem Grund: rot-weiß-grüner Streifung; 

schwarz-weiß-rot-gelbe Streifung; weiße Blätter in blauem Feld auf rotem Grund. 

Brosche / Fibel aus Bronze in Form einer runden Scheibe von 3,1 Zentimeter 

Durchmesser, Verzierung: kleiner Mittelkreis, fünf durch dreifache Striche geteilte Felder punktiert.

Grab 3:Messer
Grab 4: Anscheinend ohne Beigaben

Männergrab 5: Hiebschwert (Sax) 63 Zentimeter lang (davon der Griff 24 Zentimeter lang), 

Messer, grosser bauchiger Topf.

Männergrab 6: Langschwert (Spatha) mit 66 Zentimeter langer Klinge an
der rechten Seite des Toten. Von der Scheide aus Leder oder Bast ist
die seitliche Einfassung aus einem schmalen ungebogenen Bronzeblechstreifen noch erhalten. 
Sie reicht von der Scheidemündung aus 10,7 Zentimeter weit. Der Schwertgriff 

schließt mit einer ovalen Knaufplatte ab, die offenbar durch Silberfäden verziert war. 

Der Holzgriff selbst ist vergangen.
Kurzschwert (Sax) 57 Zentimeter lang davon der Griff 20 Zentimeter an der linken Seite. 

Pfeilspitzen 10 Zentimeter lang. Messer mit 12 Zentimeter langer Klinge. 3 Schnallen 

aus Bronze in verschiedener Grösse je mit Gegenbeschlägen. Bauchiger - 21 Zentimeter 

hoher Topf, auf der Drehscheibe gefertigt, an der rechten Seite des Skelettes.

Grab 7: Messer
Grab 8: Messer

Frauengrab 9: Messer mit 10,5 Zentimeter langer Klinge. Eiserne
Schnalle. Dünner Fingerring, aus Bronze mit glatter runder Scheibe.,
5 kleine Perlen am Brustkorb.

Grab 10: Eiserne Schnalle, Messer (am Becken). Zweizeiliger Beinkamm am Knie.
Grab 11: Feuerstein, 3 kleine Perlen.
Grab 12: Messer. Eiserne Schnalle, Feuerstein.

Männergrab 13: Sax, 37 Zentimeter lang. Pfeilspitze 9,5 Zentimeter
lang. Messer. Eiserne Schnalle mit Bronzeköpfen. Bronzezängchen.
Haarzängchen 8,6 Zentimeter lang. Kleines Bronzebeschläg.

Grab 14: Messer. Topf mit scharfen Bauchknick und Stempelverzierung - fränkische Form.
Männergrab 15: Lanzenspitze 39,5 Zentimeter lang.

Angefügt seien die früher gefundenen Gräber:

Männergrab 16 von 1909: Spatha 86 Zentimeter lang. Sax. Lanzenspitze mit
silbertauschiertem Blatt. Schere. Rechteckiges Schmuckstück 1,5 x 5.5 Zentimeter gross 

aus Eisen mit aufgesetzten Goldzellen, die mit rotem Glas gefüllt sind. Reste einer 

Bronzeschüssel. Eiserne Beschläge.

Grab 17 von 1909: ohne Beigaben.
Grab 18 von 1922: angeblich ohne Beigaben.

Zu den Beigaben noch einige Bemerkungen: 
Die Spatha ist das zweischneidige Langschwert, der Sax ein kurzes einseitiges Hiebschwert 
mit breitem stumpfem Rücken. Die oft große Länge der Griffangel beim Sax
spricht für zweihändigen Gebrauch. Die Lanzenspitzen, von deren Holzschaft 

zuweilen in der Tülle noch Reste enthalten sind, sind in der Form sehr mannigfaltig. 

Zu den Pfeilspitzen sind die Pfeilschäfte der Köcher und der Bogen aus Eibenholz 

zu ergänzen, wie sie in Oberflach erhalten waren. Die eisernen Messer mit 

feststehendem Griff sind häufiger in Frauen- als in Mannergräbern. Die Streitaxt ist selten.
Der Schildbuckel aus Eisenblech diente dem Schutze der Hand. die den
Schild an einem Griff hielt der quer über ein handgrosses Loch in
der Mitte des Schildes befestigt war.' Trotz seiner Kleinheit wurde
früher der Schildbuckel von den Findern manchmal als Helm gedeutet. Die
Schere hat die Form einer Schafschere.
Was die Beigaben aus dem wenigen jetzt bekannt gewordenen und untersuchten Gräbern 

des Alamannenfriedhofs von Möglingen uns erzählen, ergibt nur eine ungefähre Vorstellung 

von Hab und Gut jener Zeit und lässt viele Fragen unbeantwortet.

 

Ergänzung:

Am 16. und 17.Juli 1958 hoben Hermann und Adolf Seybold auf ihrem Hof an der Schwieberdinger 

Straße 45 eine Grube aus. Dabei stießen sie auf 2 Skelettgräber mit den üblichen Beigaben aus dem 

7. Jahrhundert. Mit diesen 2 Mannesgräbern ist wohl ein weiterer alamannischer Friedhof angeschnitten 

worden. Er liegt westlich vom alten Ortskern und südlich der seit 1909 bekannten Gräber.  

Offensichtlich hatte jede Teilsiedlung seinen eigenen Friedhof.

Am 08.04.1960 fand Max WALTER bei Erweiterungsarbeiten an seiner mechanischen Werkstätte im Wiesenweg 14   Skelette mit Beigaben.

Am 30.03.1978 fand Adolf Seybold auf seiner Wiese hinter dem Haus (Schwieberdinger Str. 45) eine Grabkammer mit einem weiblichen Skelett und schlecht erhaltene Beigaben.

Juli 1981 Freilegung von 2 weiteren Gräbern unter dem Hof Seybold

 

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