Aus unserer Möglinger Heimat

Das hiesige Backhaus und die Salpeterhütte

 

 

Mai 1983, Mögl. Nachrichten Nr. 20 bis 23

 

Im späten Mittelalter war in vielen Häusern ein eingebauter Backofen oder es stand unweit davon ein kleines Backhäusle, in dem das eigene Brot gebacken wurde. Daß es in  Möglingen auch so war, können wir aus einer Abmachung zwischen zwei Nachbarn ersehen, die am    11. Januar 1597 in das älteste Möglinger Kaufbuch geschrieben wurde:

 

"Anno 97 11ter January.

Martin Strobel verkauft gegen Balthas Widmayer von seinem Hofrayten (Hofplatz) acht Schuh, zu einem Bachoffen, den Schuh umb ein Gulden, mit sollichem Geding, daß er Martin sampt seinen Erben, Ihme Balthas diesen Offen als lang er lebt, stehen lassen muß, doch wann er Balthas in Gott verscheiden sollte und ein anderer heut oder morgen  diese Behausung sollte besitzen oder kaufen, so er den Offen haben wöllte, müßte er söllichen von Neuwem wiederumben von Martin und seinen Erben erkaufen. Letztlich ist weiter abgeredt worden, wann man den Offen hinwegthon müßte, ist er Martin und seine Erben schuldig, diese acht Gulden wiederumben hinaus zu geben".

Sicherlich war es damals nicht so, daß alle ihr Brot selbst gebacken haben. Schon früh werden hier Bäcker genannt. Im Jahr 1631 wird in Möglingen Michel Jung Hannß als Bäcker erwähnt. Als im Jahr 1703 das Gasthaus Lamm auf der Südseite um ca. 6 Meter erweitert wurde, ließ der damalige Bäcker und Lammwirt in den Schlußstein des gewölbten Kellereinganges, als Zeichen des Bäckerhandwerks, eine Brezel einmeißeln. Anfang des vorigen Jahrhunderts (1817) sind hier zwei Bäcker benannt; Jakob Friedrich Haas (Ochsenwirt) und Johann Friedrich Österreicher (Lammwirt). In den Jahren ab 1830 wurde von Seiten des Königlichen Oberamts sehr darauf gedrängt gemeindeeigene Backhäuser zu bauen oder einzurichten. Man kann sagen, daß so ziemlich alle Gemeindebackhäuser, die heute noch stehen, aus jener Zeit stammen. Die Gemeinde Tamm war die erste im Ludwigsburger Bezirk, die schon im Jahr 1833 ein Kommunbackhaus in Betrieb hatte. Durch viele Bestimmungen und Erlasse wurden die Ortsvorsteher immer wieder aufgefordert in ihren Gemeinden auch eine derartige Einrichtung zu schaffen. Am 1. Juli 1833 beschloß deshalb der Möglinger Gemeinderat; Das hiesige Gemeindewaschhaus nicht mehr in Aufstreich (Versteigerung) zu bringen, weil es zu einer "Gemeindebacherey" hergerichtet werden soll.

Über ein Jahr später, am 9. August 1834 wies das Königliche Oberamt im Ludwigsburger Wochenblatt alle Ortsvorsteher auf die Einrichtung in Tamm hin und bat darum das Thema Gemeindebackhaus in ihrer Gemeinde zur Sprache zu bringen. Auf folgende Punkte wurde bes. hingewiesen:

1.)    In einer holzarmen Gegend werde viel Holz gespart.

2.)    Die Feuersgefahr in den Häusern werde sehr gemindert.

3.)    Mehr Raum in den Wohnungen gewonnen.

4.)    An Baukosten könne gespart werden.

5.)    Die Gemeinde könne bei zweckmäßiger Einrichtung und Behandlung der Sache noch einen Gewinn für die Gemeindekasse erzielen.

Die Ortsvorsteher werden zur Erreichung dieses Zweckes angewiesen, Vorstehendes in ihren Gemeinden öffentlich bekannt zu machen und da, wo noch keine Beschlüsse über die Errichtung von Gemeindebacköfen gefaßt worden sind, den Gegenstand aufs neue zur Beratung vor den Gemeinderat zu bringen und das Resultat auf den 1. Sept. hierher anzuzeigen.

Die Gemeinden Asperg, Benningen und Markgröningen hatten noch im gleichen Jahr die nötigen Beschlüsse gefaßt. Am 16.Jan.1835 folgte Ottmarsheim und am 30. April 1835 Großbottwar.

Am 12. Aug. 1834. also nur drei Tage nach dem obengenannten Erlaß, wurde in das Möglinger Gemeinderatsprotokoll geschrieben:

 

"Da das Gemeindewaschhaus jährlich nur 15 - 18 Kreuzer Pachtzins erträgt und dasselbe für die Errichtung eines Backhauses äußerst günstig gelegen ist, so wurde mit Zustimmung des Bürgerausschusses beschlossen, dieses Waschhaus mit zwei Backöfen in möglichster Bälde einzurichten".

Mehr als ein Jahr lang hat sich daraufhin aber nichts getan. Erst Anfang Sept. 1835 ist zu lesen;

"Da in möglichster Bälde ein Gemeindebackhaus aufgeführt werden solle, so ist deshalb der Werkmeister, Oberfeuerschauer Danzer von Ludwigsburg zur Einsicht eines Platzes und Überschlags hieher berufen worden, so hat derselbe hiebei erklärt, daß der Raum zur Erbauung eines regelmäßigen Backhauses in dem bisherigen Gemeinde-Waschhaus zu klein seye, er trage deshalb an, daß die Gemeinde einen Bauplatz in den Kellerey-Hofgärten am Bach (Platz wo heute das "Gasthaus Krone" steht) kaufen solle und daselbst ein Gemeindebackhaus I aufzuführen. Dieses Gutachten wurde nun heute (9.Sept. 1835) dem Gemeinderat und Bürgerausschuß vorgetragen und es wurde hiebei der Beschluß gefaßt:

 Da auf dem von Oberfeuerschauer Danzer bestimmten Platze keiner der Eigentümer einen Bauplatz zu einem Backhaus hergeben will, auch die Lage desselben nicht ganz so geeignet seye, wie die des bisherigen Waschhauses, so tragen sie darauf an, das Backhaus auf dem hiezu ganz geeigneten Platz des I bisherigen Waschhauses aufzubauen und einzurichten".

 

Werkmeister Danzer hat sich mit diesem Beschluß scheinbar nicht zufrieden gegeben, denn schon 4 Wochen danach, am 5.0kt. 1835 lehnte der Gemeinderat einen erneuten Vorschlag des Feuerschauers Danzer, das Backhaus in dem Benkiserschen Wurzgarten aufzubauen, ab. Wo dieser Wurzgarten  lag, kann nicht gesagt werden. Als Wurzgarten, oder auch Küchengarten wurden damals kleine Gemüsegärtchen benannt, die meist in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses lagen. Weitere sechs Wochen später, am 20. Nov. 1835:

Der Gemeinderat bestätigt dem Königlichen Oberamt, daß er mit den abgeänderten Plänen des Werkmeisters Danzer, das Commun-Backhaus im Gemeindewaschhaus zu bauen, vollkommen einverstanden wäre. Die Abstreichsverhandlungen könnten dann sofort vorgenommen werden, sobald das königliche Oberamt die Genehmigung erteilt habe.

    Backhäusle,Backhaus,1915-MF.jpg         

 

Das Möglinger Backhaus um 1913.

Pers. v.l.n. rechts:

1. Wagnermeister August Jäckh,

2. Frau Rosine Rapp mit ihrer Enkeltochter Eugenie,

3. Pauline Jäckh, Frau des August Jäckh, sie war bis 1924 Backmeisterin,

4. und 5. die Kinder der Pauline Jäckh, Sophie geb. 1900 und Marta geb. 1908.

Das Backhaus wurde 1946 abgebrochen.                                   

Aufnahme von Familie Jäckh freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

 

Scheinbar ist diese Genehmigung auch rasch erfolgt, denn schon am 12. Dez. 1835 veröffentlichte Schultheiß Ziegler im Namen des Gemeinderats Möglingen folgenden Bauackord:

"Die hiesige Gemeinde ist gesonnen, ein Backhaus zu errichten und die betreffenden Arbeiten im Wege des Abstrichs und zwar am Montag, den 26.diesen Monats, nachmittags 4 Uhr auf dem Rathaus zu vergeben. Indem man tüchtige Meister und solche, welche diesseits nicht bekannt sind, mit obrigkeitlichen Prädicats- und Vermögenszeugnissen versehen, zu der Verhandlung hiemit einladet. Bemerkt man noch, daß die Arbeiten nach dem Kostenüberschlag folgendermaßen taxiert sind: Maurerarbeit 351 fl 16 Kreuzer, Zimmer-Arbeit 42 fl 34 Kr., Schreiner-Arbeit 8 fl 33 Kr., Glaser-Arbeit 8 fl 20 Kr. ,Schlosser-Arbeit 34 fl 29 Kr. Die Ortsvorsteher werden ersucht, solches in ihren Gemeinden gefälligst bekannt machen zu lassen".

Am 20. Juli 1836 folgte Hoheneck mit dem Baubeschluß für ein Backhaus. Da an dem fast fertigen Möglinger Backhaus noch eine Dachrinne anzubringen ist, so wurde heute unter folgenden Bedingungen die Abstreichsverhandlung vorgenommen;

1.        Muß die Dachrinne von gutem Sturzblech gefertigt und mit guter Oelfarbe rot angestrichen werden und 11/2 Schuh über,die Stockmauer hervorragen.

2.        Hat der Übernehmer für seine Arbeit, sowie für den Anstrich eine 6 jährige Garantie zu leisten.

3.        Muß die Dachrinne innerhalb 14 Tage fertig sein. "               

 

Diese Arbeit erhielt der Möglinger Schlosser Moz.

 

Möglingen, den 20.Aug.1836:

Da das Backhaus fertig geworden ist und das Backen darin bereits begonnen hat, so wurde heute, nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung, im Aufstreich ein Pächter bestellt. Es sind hiebei erschienen:

Johann Georg Maier, Metzger und Jakob Ziegler.

 

Die Bedingungen sind folgende:

1.)    Die Pachtzeit dauert vorläufig bis Martini dieses Jahres.

2.)    Hat der Pächter die gehörige Aufsicht zu führen und ist dahin verantwortlich, daß an dem Backhaus nichts verdorben würde und dieses stehts reinlich gehalten wird.

3.)    Hat derselbe von jedem Ofen Brod das gebacken wird 1 Kreuzer als Belohnung einzusammeln und das nötige Geschirr, Laibschüsseln, Krucken, Besen et cetera selbst anzuschaffen, auch darf derselbe den oberen Boden des Backhauses benützen.

4.)    Hat der Pächter ein Verzeichnis zu führen worin die Leute aufgeführt werden, wie sie sich zum Backen anmelden, in welcher Ordnung dann auch das Backen besorgt wird, sodann hat der Pächter die Asche zu benutzen.

5.)    Jeder der sich zum Backen angemeldet hat, hat so wie die Reihe an ihn kommt, den einen oder den anderen Ofen 3 Stunden lang zu benützen.

 

Jacob Ziegler machte ein Angebot von 1 Gulden 15 Kr. und hat den Pacht im letzten Streich um 1 G. 24 Kr. erhalten.

 

Am 9. Sept. 1836 wird dem hiesigen Maurer Kreppeneck für seine Arbeit am Backhaus 340 G.  43 Kreuzer aus der Gemeindekasse bezahlt (Kostenvoranschlag war 351 G. 16 Kr.). Was mit diesem Betrag von dem Maurer alles gemacht wurde, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich sind nur die beiden Backöfen eingemauert worden, denn das ehemalige Waschhaus wurde erst 19 Jahre zuvor gründlich erneuert. Es ist in dieser Sache am 20. Mai 1817 ins Gerichtsprotokoll geschrieben worden: "Da bei der am letzt verflossenen Georgii vorgenommenen Feuerschau das hiesige Waschhaus als baufällig weggesprochen worden, so wurde hierüber ein Überschlag gefertigt, um die Hauptreparation vornehmen zu können. Dieser Überschlag, der sich auf 164 Gulden beläuft, wurde heute dem Magistrat vorgelegt, welcher aber diesem zu hoch angesetzt zu sein scheint. Es wurde deshalb beschlossen, dieses Waschhaus von Grund aus gut durch die Handwerksleutereparieren und herstellen zu lassen, wozu der Bürgermeister (als Bürgermeister wurde damals der Gemeindepfleger bezeichnet) beauftragt wird, die zu dieser Reparation erforderlichen Materialien herbei zu schaffen und während dieses Geschäfts die Aufsicht darüber zu haben, auch daß alles innerhalb 4 Wochen hergestellt und beendigt sein möge." Nachdem nun das hiesige Backhaus schon ein viertel Jahr lang in Betrieb war, wurde es zum zweiten Mal verpachtet und zwar von Martini 1836 bis 1. Juli 1837. Der Metzger Johann Georg Maier, welcher bei der ersten Verpachtung leer ausging, machte ein hohes Angebot von 6 Gulden. Er erhielt die Pacht im letzten Streich um 6 G. 12 Kr.

 

Anzuschaffen hatte er auf seine Kosten:

·         50 Backkörble

·         2 Laibschüsseln

·         1 Besen und Hudelwisch

·         1 Kehrwisch und eine Krucke.

Um die Sache Gemeinde-Backhäuser in den Kreisgemeinden weiter voranzutreiben, wurde im Ludwigsburger Wochenblatt am 15. Nov. 1836 folgende Bekanntmachung des Königlichen Oberamts veröffentlicht:

"Es wird hier zur weiteren Nachricht gebracht, daß nunmehrin den Gemeinden Asperg, Benningen, Heutingsheim, Hoheneck, Markgröningen, Möglingen, Poppenweiler und Thamm solid gebaute und bequem eingerichtete Gemeindebackhäuser sich befinden, die, so mannigfach auch früher die Vorurteile gegen eine solche Einrichtung gewesen seynmochten, nun in allen den genannten Gemeinden, mit Ausnahme Poppenweiler, ununterbrochen benützt und von den Gemeindeangehörigen für eben so zweckmäßig als wohltätig anerkannt werden. Die Ortsvorsteher der übrigen Gemeinden des Bezirks werden auf diese Thatsachen hingewiesen und wiederholt und aufs Dringendste aufgefordert, diesem Gegenstand alle Aufmerksamkeit zu widmen, von den bestehenden Einrichtungen in den obengenannten Gemeinden selbst Einsicht zu nehmen und sich die nötigen Notizen über den Bauaufwand und das Erträgnis der Backofenanstalt zu verschaffen, sofort aber dem Gemeinderathe aufs Neue den Antrag zu Errichtung eines Gemeinde-Backofens zu machen und dessen Beschluß auf den 1.Jan.1837 hieher vorzulegen.“

 

Den Ortsbehörden wurde weiter aufgegeben:

Keine Einrichtung oder Abänderung eines Backofens in einem Wohngebäude mehr zuzulassen ohne vorgenommenen Augenschein, diese selbst aber in eintretenden Fällen nur unter Beseitigung jeder Feuergefährlichkeit zu ertheilen, jederzeit aber diejenigen Hausinhaber und Handwerker, welche ohne diese Erlaubnis Backöfen einrichten oder abändern, dem Oberamt anzuzeigen, damit die gesetzliche Strafe von 10 ReichsthaIern, welche den Hausinhaber wie den Handwerksmann betrifft, gegen dieselbe verhängt werden kann.“

 Weitere 10 Monate später, am 19.5ept.1837 sah sich das Oberamt genötigt, folgende Bekanntmachung im Ludwigsburger Wochenblatt zu veröffentlichen, um noch mehr auf die Bedeutung der Gemeinde-Backhäuser hinzuweisen:

 

"Ludwigsburg, (An die Ortsvorsteher). Bei dem sichtbaren zunehmenden Interesse für die Gemeinde-Backöfen hält es die unterzeichnete Stelle für angemessen, folgendes zur öffentlichen Kenntnis zu bringen: Im Laufe des Etatsjahrs von 1836 - 37 wurden wieder einige Gemeinde-Backöfen gebaut und mehrere sind im gegenwärtigen Augenblick im Bau begriffen, sodaß am Schluße dieses Etatsjahrs in 17 Gemein den des aus 22 Gemeinden bestehenden Bezirks, Gemeinde-Backöfen sein werden. Diese bestehen nämlich und sind in vollem Gange in den Gemeinden Asperg, Benningen, Eglosheim, Heutingsheim, Hoheneck, Markgröningen, Möglingen, Pflugfelden, Poppenweiler, und Tamm und gebaut werden noch in den Gemeinden Beihingen, Bissingen, Kornwestheim, Neckargröningen, Neckarweihingen, Ossweil und Schwieberdingen. In Markgröningen ist von einem Privaten ein ganz massives, mit Steinplatten bedecktes Backhaus mit 2 Backöfen gebaut und dem öffentlichen Gebrauch geöffnet worden. Gleichfalls in Asperg. Die Gemeinde Benningen beabsichtigt ein zweites einzurichten.“

 

Aus der Stadt Besigheim ist eine "Backhausbedienung" bekannt, welche hier abgedruckt werden soll. Es darf angenommen werden, daß diese Ordnungen der damaligen Zeit keine allzu großen Unterschiede zeigten.

"     1.) Aufseher Herr Stadtrat Schrempf.

1.)    Bäckerlohn wird von jeder Baket ein Kreuzer sogleich beym Eintritt ins Backhaus bezahlt.

2.)    Jeder, welcher ins Backhaus eintritt, muß sich gleich beim Eintritte in dasselbe überzeugen, ob nichts an Fenstern, Laibschiesern, Krucken etc. fehlt und wenn er etwas entdeckt, dies dem Pächter anzuzeigen, widrigenfalls er sonst als der Thäter insolange angesehen wi rd und den Schaden zu ersetzen hat, bis er den wahren Thäter entdeckt.

3.)    Der Schlüssel zum Backhaus ist sogleich nach beendigtem Gebrauch dem Pächter wieder zuzustellen, nicht dem Nachfolgenden.

4.)    Zum Backen wird man zugelassen, in der Ordnung in der man sich meldet. Vorausbestellungen auf längere Zeit als 3 Tage dürfen nicht angenommen werden.

5.)    Im Backhaus muß es stehts reinlich seyn. Wer Unreinlichkeit zurückläßt, auf dessen Kosten wird sie beseitigt werden.

6.)    Wer beim Eintritt ins Backhaus Unreinlichkeit bemerkt und nicht anzeigt, der wird selbst als Ursacher angesehen.

7.)    Wer innerhalb einer Stunde, wo die Reihe ihn trifft, den Ofen nicht anzündet, der verliert seinen Vorrang. Über drei Stunden darf, wenn Nachfolger da sind, der Ofen, vom Anzünden an gerechnet, nicht benützt werden.

8.)    Kinder müssen vom Backhaus entfernt bleiben.

9.)        Asche u. glühende Kohlen müssen im Backhaus zurückgelassen werden.

10.)    Im Sommer muß Morgens wenigstens um 4 Uhr, im Winter um 6 Uhr, im Frühjahr und Spätjahr um 5 Uhr mit dem Backen angefangen werden, wenn mehrere zum Backen sich gemeldet haben für diesen Tag."

 

Was nun im Möglinger Backhaus im Laufe der Zeit so alles geschehen ist und wer in jedem Jahr Backhausständer (Pächter) war, läßt sich nicht feststellen. Nur einige wenige Eintragungen sind bekannt. So beklagt sich z.B. am 11. Nov. 1878 Johannes Rapps Ehefrau gegen Friederike Ziegler wegen unberechtigtem Wegnehmen von Kohlen aus dem Gemeindebackhaus im Anschlag von 20 Pfennig. Am 18. März 1882 beschließt der hiesige Gemeinderat: "Dem seitherigen Aufseher - Pächter des Gemeindebackhausertrags - Johannes Rapp, Schneider hier unter den seitherigen Bedingungen und unter der weiteren Bedingung, daß der Pächter die Backofenzugkanäle so oft es nöthig ist, mindestens aber alle zwei Tage sauber zu reinigen und das allmählig eingeschlichene Kundenbacken jeder Zeit auf Verlangen des Gemeinderats unweigerlich zu unterlassen habe, um ein jährliches Pachtgeld von 120 Mark den Gemeindebackhauspacht auf weitere drei Jahre, 1. April 1882 bis 31. März 1885, ohne Versteigerung zu überlassen."

Die Möglinger waren scheinbar mit dem sog. Schneider Rapp, oder vielmehr mit seiner Frau, sehr zufrieden, weil sie ihm das Backhaus ohne vorherige Versteigerung für weitere drei Jahre überließen. Wie lange er genau Backhauspächter war, kann nicht gesagt werden. Nach verschiedenen Auskünften war um die Jahrhundertwende eine Familie Salzer für das hiesige Backhaus verantwortlich. Danach Pauline Jäckh (siehe Bild vom Backhaus um 1913), sie war die Frau des Wagners August Jäckh, der ein direkter Nebenlieger des Backhauses war. Am 23. April 1924 ging die Backhausaufsicht wieder an die Familie des Schneider-Rapp über und zwar an seine Tochter.

Der damalige Schultheiß Haspel schloß mit Rapps Tochtermann Friedrich Koppenhöfer folgenden Vertrag:

Die Beaufsichtigung und Leitung des Backens im Gemeindebackhaus und der Ertrag desselben wird nach vorausgegangener Bekanntmachung im öffentlichen Aufstreich vergeben unter folgenden Bedingungen:

1.)    Die Pachtzeit dauert 3 Jahre, vom 1.Mai 1924 bis 30. April 1927.

2.)    Der Pächter hat als Belohnung von jedem Backenden, bei 3 Stunden Backzeit, derzeit 10 Goldpfennige, sowie die Asche und die Kohlen anzusprechen.

3.)    Der Pächter hat strenge Ordnung, welche der Gemeinderat feststellt und jederzeit zu ändern sich vorbehält einzuhalten.

4.)    Das Backen kann jeden Tag bestellt werden, jedoch nur auf 8 Tage voraus, d.h. von einem Wochentag bis zum andern gleichen Namens einschließlich, also z.B. am Dienstag kann das Backen bis zum nächsten Dienstag, am Mittwoch bis zum nächsten Mittwoch,  u.s.w. bestellt werden, aber nie auch auf einen darauffolgenden Tag.

Anmeldungen darf der Pächter in der Zeit vom 1. April bis 30. Sept. von morgens 6 Uhr an, in der Zeit vom 1. 0kt. bis 31. März von Morgens 8 Uhr an entgegennehmen, aber nie vorher. Sind 2 oder mehr Leute gleichzeitig da, welche um die gleiche Zeit in demselben Ofen backen wollen, so haben sie um das Vorrecht zu losen und entscheidet bei der Reihenfolge der Ziehung das Lebensalter der anwesenden Besteller

5.)    Der Eintrag in das Bestellbuch hat sofort in Anwesenheit der Besteller zu geschehen und haben diese das Recht, sich von der Richtigkeit des Eintrags zu überzeugen, oder den Eintrag selbst zu machen. Das Buch muß dem Ortsvorsteher, so oft es verlangt, vorgelegt werden.

6.)    Höfliches und zuvorkommendes Benehmen gegen das Publikum wird dem Pächter und seinen Angehörigen zur Pflicht gemacht.

7.)    Das sog. Kunden- und Laiblesbacken kann der Gemeinderat jederzeit verbieten.

8.)    Der Pächter ist für jede Beschädigung am Backhaus, der Backöfen und den sonstigen Gerätschaften verantwortlich, bei eintretendem Frost ist die Wasserleitung abzustellen.

9.)    Die Anschaffung und Unterhaltung der erforderlicher Krücken, Schiesser, Kehrwische u.s.w. ist Sache des Pächters. Es dürfen nur hölzerne Schießer verwendet werden.

10.)           Wenn das Backen wegen Ofenreparaturen teilweise sollte eingestellt werden müssen, so hat der Pächter keine Pachtnachlaß anzusprechen. Das erstmalige Heizen der Öfen nach der Reparatur geht auf Kosten des Pächters.

11.)           Die Obstdörre steht ebenfalls dem Pächter zur Verfügung.

12.)           Das Pachtgeld ist alljährlich auf 1. 0kt. und 31. März hälftig zu bezahlen.

13.)           Bei mangelhafter Geschäftsbehandlung des Pächters ist der Gemeinderat berechtigt, den Vertrag jederzeit aufzuheben

14.)           Eine Weiterverpachtung wird nicht gestattet.

15.)           Für Erfüllung seiner Verbindlichkeiten hat der Pächter einen tüchtigen Bürgen und Selbstzähler zu stellen.

 

Geboten werden von Friedrich Koppenhöfer, Zimmermann jährlich 130 Goldmark.

Maßgebend für die Umrechnung der Goldmark in Papiermark ist der amtliche Berliner Mittelkurs des Dollars am Zahlungtage.

 

gez. Schultheiß: Haspel Pächter: Friedrich Koppenhöfer.

Bürge: Johannes Rapp.

 

Frau Koppenhöfer blieb bis zum Schluß für das Backhaus zuständig. In Möglingen gab es zur damaligen Zeit schon private Bäcker. Das Backen im Backhaus wurde nun weniger. Immer mehr ließen ihr Brot und vor allem auch Kuchen in einer Bäckerei backen. Bis zum Jahr 1945 buck im Backhaus nur noch eine Familie, dann stand es unbenützt, so daß es im Jahr 1946 abgebrochen wurde.

 

 

Wir möchten diesen Backhausbericht nicht abschließen ohne noch auf die mit viel Eifer erzählten Erlebnisse des, mit dem hiesigen Backhaus eng verbundenen, Schneider-Rapp einzugehen. Der durch seine Witzigkeit und seinen allzeit sinnigen Humor vielerorts bekannt war. Ein ganzes Buch hätte man damals über ihn schreiben können, sagen manche. Vieles ist aber seither leider in Vergessenheit geraten, so daß heute nur noch einige besonders markante Geschichten festgehalten werden können. Johannes Rapp ist am 11. Jan.1844 in Lindenthal Oberamt Welzheim geboren. Er erlernte das Schneiderhandwerk und kam schon in jungen Jahren, als Lehrling (oder Geselle) in unsere Gegend. Aus jener Zeit stammt auch folgende Geschichte, die viele ältere Möglinger noch gerne zu erzählen wissen und die sich in Münchingen zugetragen hat. Der junge Schneider Rapp arbeitete mit seinem Meister einige Tage auf der Stör beim dortigen Lehrer. Es war damals allgemein so üblich, daß die Schneider, sowie auch die Schuhmacher im Hause ihres Arbeitgebers waren, solange sie dort zu tun hatten. Die für das Wohl der Schneider besorgte Lehrersfrau reichte den beiden täglich auch ein Glas Most. Der Meister bekam ein größeres Glas hingestellt und Rapp ein kleineres. Die Hauswirtin dachte wohl, daß es so richtig wäre, sie durfte doch diese junge Schneiderseele nicht zu vielem Trinken verleiten. Rapp dagegen dachte anders. Ihm wäre ein größeres Glas lieber gewesen, aber weil er als Lehrling nicht gut etwas sagen konnte, so nahm er kurzerhand ein Stück Zwirn und fing an, sein volles Gläschen damit anzubinden, das andere Ende des Fadens befestigte er an einem Knopf seiner Weste. Die Lehrersfrau, die dies bemerkte, fragte ihn verwundert: "Was machet se denn da? Wollet sie en Scherz macha?" Rapp der im Stillen diese Frage erhofft hatte, gab darauf gerne Antwort: "Wisset se, i be a bissele groß bemundet und weil des Gläsle so klei isch, befürcht i, daß mir's beim Trenka mit na rutscht". Rapp hatte mit dieser netten Geschichte erreicht was er wollte, er bekam von diesem Tag an ein gleich großes Glas hingestellt wie sein Meister. Am 9.Juli 1876 heiratete Rapp die Möglinger Rosina Schäfer, Tochter des Webers Johann Schäfer wohnhaft in der Kirchgasse. Rapp richtete sich in diesem Haus, in dem er immer wohnte, eine Schneiderei ein. Am 31.März 1886 hat er um die Erteilung des hiesigen Bürgerrechts nachgesucht, das er auch mit der Bezahlung von 3 Mark in die Gemeindekasse erlangte. Schon bald nachdem er sich hier niedergelassen hatte, wurde ihm die Backhausaufsicht übertragen. Seine Frau die dieses Amt besorgte, konnte sich durch den Verkauf von Hefe noch zusätzlich einige Pfennige verdienen, während Rapp neben seiner Schneiderei noch einen Handel mit Würsten und frischen Wecken betrieb. Die Wecken holte er sich allmorgen neugebacken von der Bäckerei Oberkamp Ludwigsburg. Diesen Weckenhandel, so wird gesagt, hätte er angefangen, weil ihm die Möglinger Bäcker, denen das Backhaus längst ein Dorn im Auge war, den Backhauspacht bis auf 200 Mark jährlich hochgetrieben hätten. Weil nun Rapp kein eigenes Fuhrwerk hatte und sich neben einer Kuh nicht noch zusätzlich ein Pferd leisten konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als seinen treuen Hund "Minka" vor ein Wägelchen zu spannen, um damit nach Ludwigsburg zu fahren. Minka war eine kräftige Vertreterin der Leonberger Hunderasse. Manchmal, so wird gesagt, ging die Fahrt wegen einem Hasen oder einer Katze in den Straßengraben, so daß die Würste und Wecken umherflogen. In dieser Zeit hatte Rapp auch die Begegnung mit dem "Schloßgeist", so wird diese Geschichte gerne genannt. Das soll so gewesen sein, als Rapp eines Morgens noch bei Nacht, beim sog. Schloßgarten (eine ganz mit Hecken umsäumte Wiese an der Ludwigsburger Straße) vorbeifuhr, sah er wie ein mit weißen Leintüchern Verkleideter hinter einem Baum hervorkam und ihm Angst machen wollte. Rapp stieg sofort ab, ging unerschrocken auf den Geist zu und schlug mit seinem Stock kräftig auf ihn ein, bis dieser flehend rief: "Hör doch auf Rapp, i bes doch, dr Truckseß!" "Grad weil du dr Truckseß bisch, hau i de her." sagte Rapp und schlug noch mehr auf seinen gelegentlichen Zechkumpan ein, daß diesem die Freude an derartigen Streichen für immer verging. Ein andermal mußte sich Rapp ganz auf die Schnelligkeit seiner Minka verlassen. Der Posthalter Kurz von Schwieberdingen hatte ein neues rassiges Pferd gekauft und sagte "Rapp, etz fangscht mi nemme." Der Schneider darauf schlagfertig: "Des wellet mr seha, was gilts." So wurde gewettet, wer zuerst am Pflugfelder Gasthaus ist, bekommt eine Flasche Wein. Kurz fuhr mit der Postkutsche an. Schneider-Rapp stieg in sein Wägelchen und ruft: "Minka los!" Was geschah? Des Posthalters Pferd lief nicht schlecht, aber Minka überholte es und Schneider Rapp hatte die Wette gewonnen. Allerdings, so sagen manche, hätte der listige Schneider seiner Minka eine an einen Stecken gebundene Wurst vor die Nase gehalten. Leider erfreuten sich nicht alle Leute an dem Gefährt des Schneiders, es soll zweimal vorgekommen sein, daß ihm sein Hund vergiftet wurde. Dies ist ihm dann jedesmal sehr nahe gegangen. Auf eine Geschichte ist der Schneider-Rapp immer besonders stolz gewesen, als er nämlich der Lindenwirtin Maier das Leben gerettet hat. An der Ecke Krämergasse – Hindenburgstraße hatte der Metzger-Maier seine Metzgerei und im ersten Stock die Gaststube "Zur Linde" (heutiges Eckhaus Ernst Klenk). Weil nun wegen dem direkt am Haus vorbeifließenden Bach kein Keller gegraben werden konnte, so war der zur Linde gehörende Keller etwa 50 m vom Haus entfernt, im sogenannten Häckergässle. Dort geschah es auch an einem Herbstabend, als in den vollen Fässern das neue Getränk so richtig gärte, oder wie man hier allgemein sagte "schaffte", daß es der Lindenwirtin, die gerade einen Krug Wein holen wollte, wegen Sauerstoffmangel im Keller ohnmächtig wurde. Als nun die Herbeigeeilten nicht recht wußten, was sie machen sollten, faßte sich der Schneider-Rapp ein Herz, ließ sich schnell mit einem Seil anbinden, stieg in den Keller und holte die Verunglückte herauf an die frische Luft. Das Ganze ist zum Glück gut ausgegangen. Frau Maier erholte sich und  konnte ihre Wirtshausgäste wieder täglich bedienen und diese kamen scheinbar recht gerne zu ihr. Auch der Schneider-Rapp kehrte gerne in der Linde ein. Und wenn er nach der Geschichte mit der Lindenwirtin gefragt wurde, konnte er des öfteren am Schluß sagen, er habe der Frau Maier hauptsächlich deshalb das Leben gerettet, weil der Wein den sie selbst einschenkte viel besser schmeckte.

 

 Als der Schneider-Rapp älter wurde, waren die Möglinger Buben mit den aus hartem, kräftigem Stoff genähten Hosen, die auch so reichlich groß angefertigt wurden, daß sie am Anfang um drei Jahre zu groß waren, nicht mehr so recht zufrieden. So erzählen heute noch einige ältere Möglinger Bauern, wie ungern sie einst an der Hand ihrer Mutter zum Hosenanmessen mußten.

So wie der Schneider-Rapp bei jeder Gelegenheit die sich ihm bot, gerne mit den Leuten seine Späße machte, so trieben's seine Freunde natürlich auch mit ihm, wenn sie in der Regel sonntagnachmittags bei einem Schoppen Wein oder Most in einer Möglinger Gastwirtschaft miteinander Karten spielten. Da hat z.B. einmal in den 1920er Jahren der damalige Lammwirt Albert Munz, der sog. "Munza-Metzger", zur allgemeinen Gaudi, seine Hose verkehrt herum angezogen und zum Schneider-Rapp gesagt: "Do guck amol her! Was hasch mir denn do für a Hosa gmacht? Do schtemmt doch ebbes net, du hasch mir ja da Hosalada henna na g'näht". Als Schneider-Rapp 1931 starb, berichtete Pfarrer Rentschler in den "Möglinger Heimatglocken": "Am 8. März starb der 87jährige Schneider Johannes Rapp (das zur Zeit älteste Gemeindeglied), seit 55 Jahren hier ansässig und bis zuletzt noch rüstig und tätig, der mit seine wechselvollen Erlebnissen und seiner launigen Unterhaltungsgabe ein gut Stück Ortsgeschichte in sich verkörperte.“

 

die Salpeterhütte:

 

Im Zusammenhang mit dem Möglinger Backhaus sollte auch über die ehemalige Salpeterhütte berichtet werden, bildeten doch in früheren Jahren diese beiden zusammengebauten Gebäude, gemeinsam mit dem Kirchbronnen, der bis zum Jahre 1906 nur wenige Meter südlich danebenstand, einen belebten Ortsmittelpunkt. Während das Gemeindewaschhaus wahrscheinlich auf Wunsch der Möglinger Einwohner, zu deren allgemeinem Wohl geschaffen wurde, so muß man sagen, daß die Salpeterhütte von der Gemeinde auf herzogliches Verlangen gebaut werden mußte, wurde doch der darin gewonnene Salpeter wahrscheinlich größtenteils zur Herstellung von Schießpulver verwendet und diente somit das Gebäude der Öffentlichkeit.

 

Die Möglinger Salpeterhütte wurde im Jahr 1784 von der Gemeinde neu erbaut. Dies ist aus einem Eintrag zur Brandversicherung vom 30. Mai 1785 ersichtlich: "Bei dem Fleckenwaschhaus erbaute man eine neue Salpeterhütte mit einem steinernen Stock, welche in die Brandversicherung gelegt worden vor achtzig Gulden."

 

Wie nun das Salpeterwesen im 18. Jahrhundert war, kann man am besten daraus ersehen, wenn zuerst auszugsweise über die diesbezüglichen herzoglichen Erlaße berichtet wird. Im Jahre 1717 hatte der Herzog und seine Regierung eine Salpeter-Ordnung erlassen, die aber nach und nach in Vergessenheit geraten ist, oder nicht mehr aufs genaueste beachtet wurde.  Am 20. Juli 1747 wurde deshalb eine neue, überarbeitete fürstliche Salpeterordnung aufgelegt, "damit sowohl die Beamten, als auch die Unterthanen, welche an den Orthe wohnen, wo Salpeter gezeuget - und gegraben wird, wie nicht weniger die Salpetersieder, die dergleichen Arbeit angewiesenermaßen verrichten, - wissen wie sich sich zu verhalten haben". Zunächst wird in diesem umfangreichen Erlaß die Lehrzeit und das Lehrgeld geregelt, dann "wie die Meisterknecht angestellet werden sollen". Weiter wurde die Ledigsprechung und die Ausgabe eines Meisterbriefs geregelt, sowie die Verfertigung eines Meisterstücks angeordnet. Weitere Punkte dieser Ordnung betrafen das Auslaugen der Salpetererde, die Förderung des Wachstums des Salpeters, das Verbot des pflasterns der Tennen, Bärn und Ställe, die Bestrafung der Maurer, die gegen dieses Verbot des Tennen pflästerns sich vergingen, wie viele Jahre der Salpeterboden "ohngegraben" liegen bleiben und daß kein Salpetersieder reinem andern in sein Amt dringen sollte. Auch wurde die Einrichtung von Schweineställen in den Viehstallungen verboten, "weilen der Salpeter dardurch ruinieret würde".

Ferner wurde bestimmt, "daß das Wasser aller Orten abgeleitet werden solle, um die Salpeter-Erden zu conservieren". Ein weiterer Punkt ordnete an, daß "mit dem Graben solle kein Haus, auch die Herrschaftliche Gebäud nicht verschoned und denen Salpetersiedern die nöthige Wohnung und andere Gelegenheit angewiesen, die Abfuhr ihres Geräts leicht gemacht, auch die Wayd auf ein Stück Vieh vergönnet werden". Eine weitere Vorschrift bestimmte; "das Holtzfuhrlohn und den Aschenhandel nicht zu steigern, auch die Verführung der Aschen auf Güter nicht zu gestatten". Ferner wurden die Salpetersieder davor gewarnt, das ihnen zugeführte Holz zu verkaufen, oder für private Zwecke zu verwenden, auch wurde der Personal- und anderer Befreiung gedacht, welche die Salpetersieder zu genießen hatten. Weiter wurde geregelt wie der Verkauf des Salpeters erfolgen sollte und daß es den Krämern, Apothekern, Barbierern, Goldschmieden und andern verboten war, Salpeter von den Salpetersiedern zu kaufen, da es "bey zehen Thaler Straff untersagt, den Salpeter nirgend und anderswo, als bloß allein, nach dem Situ jeden Orts, entweder bey unserer Fürstl.  Zeugschreiberey, oder bey unsern Pulververwaltungen zu Urach und Tübingen, zu nehmen und zu kauften".

Durch glaubwürdige Urkunden mußten die Salpetersieder beibringen, "wieviel Süd sie jährlich gethan". Es wurde vorgeschrieben, ein Salpetersieder solle jährlich "wenigstens zehen Zentner Salpeter lüfern bey Straffe der Cassation (bedingungslose Dienstentlassung). Abschließend wurde geregelt, wie ungehorsame Salpetersieder abzustrafen seien, daß im Fall "einiger Widersetzung oder muthwilliger Verursachung Schadens, die Bestraffung mit dem Thurm oder an Geld, dem Verschulden gemäß, gegensie ohnfehlbar wird vorgenommen werden".

 

Wie war es nun damals in Möglingen mit dem Salpetersieden. Wir können dies aus zwei Eintragungen ins hiesigeGerichtsprotokoll erfahren, auch wie sich der Magistrat (Gemeindeverwaltung) gegen das zu häufige Salpetergraben wehrte:

 

"Christian Honold, Salpetersieder, hat sich vom 1ten Mai, bis daher (14.Sept.1744) allhier aufgehalten, um seine Nahrung im Salpetergraben zu suchen. Wann nun wegen tief entlegenen Orths hierinnen weniger zu machen (wahrscheinlich zu hoher Grundwasserstand), mithin ermelder Salpeter = Sieder großen Schaden erlitten und zimmliches eingebüßt. Als wurde mit demselbigen accordiert (vereinbart), damit der Unterthan und Salpeter-Sieder weiter keinen Schaden, - ihme Honolden das prästierte (geleistete) Fuhrlohn nachzusehen, den Hauszins nicht aufzurechnen und übrigens noch ein Doufeur (vermutlich ein Geschenk) von dem gemeinen Flecken abzureichen. Hingegen hat derselbe versprochen auf 12 Jahr lang den Orth Möglingen mit Salpeter = Graben zu verschonen.

gez. Christian Honold".

 

Der Salpetersieder hat seine unterschriebene Zusage keine 12 sondern nur 11 Jahre lang eingehalten. Allerdings kann nicht gesagt werden, ob bei der zweiten Eintragung wieder Christian Honold im Ort tätig war. Das Auskochen des Salpeters ist im Jahr 1755 offensichtlich in einem Privathaus geschehen. Es wurde in dieser Angelegenheit am 26. Dez. 1756 folgendes eingeschrieben:

"In Hanns Österreichers Erben Haus hat der im Spätjahr anno 1755 allhier im Fleckhen in Geschäften gewesene Salpeter-Sieder, zur Absiedung des allhier gegrabenen Bodens, den Keller mit seinem Ofen gebraucht, weshalber denselben auf ihr beschehenes Ansuchen, von Fleckens wegen zu ersetzen gerichtlich verwilliget worden = 1 Gulden 30 Kreuzer. So wurde auch dem Schmied Michel Würth, - welcher gedachtem Salpeter-Sieder zur Beyführung des benötigten Wassers, welches in der Fron geschehen, seinen Karch und ein Vierlingfaß hergegeben, - von Fleckens wegen zu vergüten gerichtlich resolviert (beschlossen), = 1 Gulden".

 

Wie sehr sich unsere Asperger Nachbarn gegen das Salpetergraben wehrten, ist aus einem Beschwerdeschriftstück an das Herzogliche Oberamt vom 28.Juni 1737 zu ersehen:

"Um weilen die Salpeter-Sieder sowohlen mit umbwühlen und umbgraben der Pflaster und Ställ, auch Beiführung des benöthigten Brennholzes sehr viele recht ohnerlaubte Gewaltthätigkeiten ausüben und dadurch dem Landmann sehr großen Schaden zufügen, fordern sie, daß der Asperger Salpetersieder künftig den Hauszins nach Gebühr reichen solle, was er aufgräbt und ruiniert wieder herstellen soll, die Salpeterhütte auf seine Kosten unterhalten und den Fuhrlohn für das herbeizuführende Brennholz nach der hiesigen Taxe bezahlen solle, damit nicht durch das Salpetergrabender Ort. In einem späteren Bittgesuch an den Landtag schreiben Asperger unter anderem:  ... Die Salpeter-Sieder seien eine wahre Geisel für das Land ".

 

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Möglinger Salpeterhütte scheinbar nicht mehr benötigt, so daß sie von der Gemeinde verkauft werden konnte. Bei dieser Eintragung im Möglinger Kaufbuch am 24. April 1809 ist der Standort der Salpeterhütte beschrieben." Schultheißen, Amtsverweser und Bürgermeister, in Gegenwart des Michael Knoß, Georg Würth und Johannes Raiser verkaufen unter Vorbehalt des öffentlichen Aufstreichs an: - Marx Jopp -

Die dem allhiesigen allgemeinen Flecken gehörige – Salpeter-Hütte beim Kirchbronnen, neben der Wettin und dem Wassergraben, stoßt vornen auf das Gemeinen Flecken Waschhaus und hinten den Bach, für und um Dreyßig Drey Gulden bar Geld und zwar unter folgenden Conditionen:

1.)    Daß der in der Salpeterhütte befindliche Kessel, wie auch das zu diesem Kessel gehörige steinerne Gestell der allgemeinen Flecken abgetreten werden solle.

2.)    Solle solche nach dreimaliger Verkündung (Anschlag an der Kirchentür) in öffentlichen Aufstreich gebracht werden

3.)    Solle auf jeden Gulden Erlös 1 Kreuzer Weinkauf anbedungen seyn. -

4.)    Leidet der Käufer alle auf diesen Kauf gehenden Kosten allein.

5.)    Wird verkäuferischerseits der letzte Streich, wie auch das Eigentumsrecht bis zur gänzlichen Bezahlung vorbehalten

 

Verkäufer:                                          Käufer

Michael Knoß                                                Marx Jopp

Johann Georg Würth

Johannes Raiser

 

Es darf wohl angenommen werden, daß Marx Jopp in der Salpeterhütte eingezogen ist. Um 1900 wohnte, nach Aussage von Frau Jäckh, eine Familie Alber mit 10 Kindern in dem kleinen Häuschen. Danach Marie Reichert, ledig, Schwester des Schreiners Friedrich Reichert. Im Jahr 1938 erwarb Wagnermeister Paul Jäckh, als Nebenlieger das Gebäude, wegen einem eventuellen späterer Anbau an seine Wagnerei. In der Zeit der großen Wohnungsnot nach dem letzten Krieg wohnte die aus Bessarabien vertriebene Familie Jakob Frömmerich und danach Imanuel Kelm mit seiner Frau (ebenfalls aus Bessarabien) in dem Häusle. Die letzten Bewohner waren hier beschäftigte italienische Gastarbeiter.

Die einstige Salpeterhütte wurde im Jahr 1965, wegen einem Werkstatt-Wohnungsanbau der Familie Jäckh, abgebrochen.

 

Möglingen im Mai 1983

Hermann und Adolf Seybold