Gedicht zur Fünfzigjahrfeier am 26.12.1943 des Jahrgangs 1893
von Maria Kurz
Es sind versammelt heute lauter frohgestimmte Leute
50er Feier halten wir, hätten es verpaßt noch schier!
50 Jahre unsers Lebens, vorbei die Höhe unsers Strebens.
Ja, die größte Strecke Wegs haben wir zurückgelegt,
schau ich um mich, seh euch an, ich es nicht verschweigen kann,
Altersspuren aller Art, jedes aufzuweisen hat.
Auch wir müssen es erleben, Jugendfrische tut entschweben
und des Lebens harte Runen, haben sich uns aufgedrungen
sollen wir uns darüber grämen, oder gar der Spuren schämen?
Lebensweise wohl bedacht, manch Gesicht veredelt hat.
Längst wir haben auch empfunden, wie ein Dichter tut bekunden:
„des Lebens ungetrübte Freude wird keinem Sterblichen zuteil“
Müh’ und Arbeit ist das Leben, Sorg’ und Unrast noch daneben
so dass man oft denkt dabei, ob das Lebensinhalt sei?
Doch ihr müsst auch zugeben, dass in einem jeden Leben
nicht ein blinder Zufall walt’, sondern Gott die Waagschal halt.
Was auch er uns zugemessen, nimmer dürfen wir vergessen.
Ihn zu halten, stets fein still, weil er reif und machen will.
Auch in unserm Leben kamen manche Sturm dahergegangen
unsern frohen Jugendlauf hielt der 1. Weltkrieg auf.
Wie im Lauf der nächsten Jahre
standen zweimal an der
Bahre
Marie Florus, Rosa Munz gingen bald für ganz von uns.
Von den Buben fehlten vier, die sonst wären heute hier,
ihrer denken wir in Treu’n, möge Gott ihnen gnädig sein.
Unsere Reihen sind gelichtet, gleich wir waren
außgerichtet.
Grad 12 Paar zum Tanzen – nur noch der Spielmann fehlt
dazu.
Jemands wollen wir gedenken und ihm eine Karte senden
mit den Namen mancherlei, weil er heut ist nicht dabei.
Wilhelm
Häcker ganz auf Rosen,
dacht’ er geht man in Posen
und er wandert dorthin aus, gründet auch ein eigen Haus.
Durch den Lebenskamerad Gott ihm bald genommen hat.
Und er kehrt dann wieder heim, welterfahren, doch allein.
Doch mit Martha Zeitter dann, fängt er wieder vorne an.
In Mecklenburg ein Gut er kauft, bald man ihm Kinder
tauft.
Sonst sind unsere Schulkameraden all geblieben hier beim
Laden.
Wollen nun erzählen geschwind, wo sie all zu finden sind.
Wie sie mir grad fallen ein, kommen sie nun an die Reih.
Tüchtge Männer sind’s geworden, das hört man von allen
Orten.
Albert
Pflugfelder
sogar
führet hier der Bauern Schar,
tut sonst pflügen eigen Land – dies ist er im Nebenamt!
Und er tut sie gut beraten, wenn sie auch bei ihm
abladen,
Sorg und Unzufriedenheit, er muß schlichten manchen
Streit.
Alfred
Reichert gnug allein,
ging den Bund der Ehe ein
Haus und Hof, so schön er’s hat, blieben Kinder ihm
versagt.
Nur
was nützt ein Erbhof schon,
wenn ihm fehlt der
Erb der
(dem) Hofe?
Und wir lernen um und um: Gottes Wille kennt kein „Warum“
Heinrich Zeitter,
Zimmermann, wollte zeigen, was er kann,
baute sich ein eigen Haus, Kinder gehen ein und aus.
Und sein Weib mit Freundlichkeit, ihn des Hauswesen
befreit.
Auch er hat stets guten Mut, wenn ihn grad nichts plagen
tut.
Und Paul Motz,
habt ihr vernommen, ist übers große Wasser geschwommen.
Kehrt auch wieder heil zurück und schafft sich
Familienglück.
Er hat eine Wäscherei, hat erwachsne Töchter zwei
seine Frau sich gleich ihm plagt, hat dem Schmutz Fehd’
angesagt.
Der Karl Seybold
stehet ja recht alleine im Leben da,
seit gestorben ihm sein Weib, die Mutter ihm auch nicht
verbleibt.
Die Schwester hilft ihm im Betrieb, doch tu er’s Haus und
Hof zulieb.
Am besten war’s, er ging und schau und suchte wieder eine
Frau.
Karl
Forstner’s schneller
Lebenslauf wird öfter mal gehalten auf
das Herz macht manchmal nicht mehr mit dem heutgen
ungestümen Schritt.
Mög’
es ihm doch beschieden sein, sich seiner Kinder stets zu freu’n.
Die dienen treu dem Vaterland im Heimat – und
Soldatenstand.
Blieb nur noch übrig
Albert Reichert,
denk fast es war für ihn auch leichter,
Wär’ er bei guten Zeiten noch gekommen unters Ehejoch.
Ein Weib, die hätt’ es bei ihm gut, weil er doch nicht
viel schwätzen tut.
Doch lässt ihn die Schwester mal allein, muß er halt doch
noch selber frei’n.
Nun hab ich’s nicht ganz recht gemacht, die Buben vor den
Mädchen bedacht,
doch brauchen keine Angst die han’, sie kommen auch noch
alle dran.
Da ist zuerst die
Emma Blank, Frau Ziegler wird sie jetzt
genannt.
Zu Ludwigsburg im Vogelsang, da wohnt sie schön und auch
schon lang.
Großmutter ist sie heute schon, vier Töchter hat sie doch
keinen Sohn.
Ein Tropfen Wermut ist im Leben, bald einem jeden
mitgegeben.
Nicht weit von hier, in Kornwestheim, ist Anna Strohmaier
daheim,
Treu bleibend auch dem Bauernstand, sie dort ein schön zu
Hause fand.
Drei
Töchter hat sie und einen Sohn, der erben kann einmal den Thron
(+16.01.1945)
Und Anna mit Zufriedenheit ihr’ Arbeit tut zu jeder Zeit.
Luise
Spillmann hat das
Leben allerhand schon mitgegeben.
In Ludwigsburg ihr Heim sie fand. doch lebt sie schon im
Witwenstand.
Einen Sohn nennt sie ihr eigen, und sie selbst tut
manchem zeigen,
wie man an der Arbeitsstätt’, seinen Platz ausfüllen tät.
Luise
Salzer, so kann’s
gehen, hab viele Jahre ich nicht gesehen,
sie hat, das hab ich erlauscht, das Dorf mit der
Großstadt vertauscht.
Wir hätten uns so sehr gefreut, wenn sie auch wär
gekommen heut.
Mit uns zu feiern diese Stund in alter Schulkameraden
Rund.
Sonst sind alle hiergeblieben, die einst auf der
Schulbank schrieben
miteinander s’ ABC, teilten alle Freund und Weh.
Klara
Brenner, jetzt Frau
Schneider, viel Jahr ging als Frau sie weiter
ins Geschäft und jetzt daheim, sucht sie sonst nützlich
zu sein.
Und ihr einziger großer Sohn, der ist auch in Rußland
schon.
Sorg und Kummer aller Art die Soldatenmutter hat.
Besser hat’s in diesem schon,
Lina Deuschle,
keinen Sohn
Nur zwei Töchter hat sie eben, diese stehen schon fast im
Leben.
Dafür dient aber ihr Mann, meist dem Vaterland, und dann
und dann muß ins Leben er hinaus, sie als Strohwitwe
bleibt zu Haus.
Und nun kommt Emma
Bareither, sie heißt jetzt ebenfalls Frau
Schneider.
Aus dem elterlichen Haus hat gemacht sie manches draus.
Doch gefiel’s ihr nicht allein, geheiratet hat sie
hinein,
hat Kinder und allzeit zu helfen anderen gern bereit.
Wen zähl ich weiter ich nun her? – die
Pauline Pflugfelder!
(geb. Jopp)
Eine frohe Kinderschar ihr von Gott geschenket war.
Drum ist sie ihm auch treu geblieben und wie Jesum einst
geschrieben:
Ich und mein Haus wollen gern und willig dienen unserm
Herrn.
In dieser schweren Kriegszeit ist eingekehrt bei ihr das
Leid.
Ein lieber Sohn sein Leben fürs Vaterland mußt geben.
Und nun sind zwei noch ungenannt, die leben nicht im
Ehestand:
Emilie
Schiek, in der Schule
hat sie meist behaupt’ den 1. Platz
auch jetzt steht sie noch ihren Mann gar überall, wo sie
nur kann.
Hat eigen Haus und eigen Herd und das ist heut Goldes
wert.
Auch ich selber blieb allein, das hat müssen noch so
sein!
Hätt’ auch gern die Wanderschaft mit einem Lebenskamerad
gemacht,
hat verbaut mir allerhand den gepriesenen Ehestand.
Über deine Kindespflicht hieß es und sonst frage nicht.
Und ich stehe fest im Leben, manches Amt ist mir gegeben,
Wir beide müh’n uns allerhand zu bessern den
Altjungfernstand.
Und mit starkem Gottvertrauen wir auch in die Zukunft
schauen.
Besser als ein Mensch kann sorgen, ist man in Gottes Hand
geborgen.
Diesen Schutz Euch zu erwählen, möchte ich Euch sehr
empfehlen
Er führt nicht nur durch die Zeit, hält durch bis in die
Ewigkeit.
Nun nach dieser kurzen Rast, wollen wir des Lebens Last
wieder mutig auf uns nehmen und uns noch nicht ganz
bequemen
Rasten ist nicht weit von Rosten! Indes mag auf seinem
Posten zeigen
dass noch Jugendkraft auch ein grauer 50ger hat.
Jetzt braucht unser Vaterland jede arbeitsfähige Hand.
Möchte uns doch sein beschieden, bald ein ehrenvoller
Frieden.