M ö g l i n g e n im 19./20. Jahrhundert

 

Aufschlußreich ist folgender Bericht des Pfarrers Breuning wie es früher sittlich, kirchlich und wirtschaftlich aussah.

 

 

Möglingen im Jahr 1830 von Pfarrer Breuning

 

Die Seelenzahl betrug 1181, Kinder wurden 35 geboren, Trauungen fanden 9 statt,  gestorben sind 18 Personen, Abendmahlsgäste waren es 1070.

 

Pfarrer Breuning schreibt:

 "Der sittlich - religiöse Zustand neigt sich mehr zum. Guten. Es herrscht äusserliche Zucht, Ehrbarkeit und Ordnung (Wiewohl der Verkehr mit den naheliegenden Residenzen Betrug und Falschheit in Handel und Wandel zu befördern scheint). Die Gemeinde achtet die kirchlichen Anstalten, besucht den öffentlichen Gottesdienst fleissig, und die Teilnahme am hl. Abendmahl hat nicht abgenommen. Nur wenige ziehen die Andachtsübungen in dem benachbarten Korntal bei guter Witterung vor. Schwärmerische und der praktischen Religion nachteilige Meinungen sind bei der Gemeinde nicht zu finden. Das Laster der Unzucht kam selten zur Klage.

Es werden zwei pietistische Versammlungen gehalten. Im Jahr 1822 waren es deren noch vier in verschiedenen Häusern) -  jede hat ungefähr 30 Mitglieder. Sprecher sind Jakob Bäuerle, Schneider und Johann Georg Rossnagel, Weber. Die Teilnehmer stehen sämtliche in gutem Ruf und beschäftigen sich in den Versammlungen mit Erklärung der sonntäglichen Evangelien und Episteln, indem sie dazu ältere Predigtbücher benützen“.

 

Über die äusseren Lebens- und Erwerbsverhältnisse wird ausgeführt:

 

"Der Ort ist mit gutem und gesundem Quellwasser reichlich versehen. Die Gemeinde besitzt an Gütern 3000 Morgen, nämlich 2800 Morgen Ackerfeld, 125 Morgen Weinberge und 75 Morgen Wiesen. Letzteres ist des eingeführten Kleebaues ungeachtet, nach dem Zeugnis verständiger Landwirte doch zu wenig. Auch würde eine Strecke tiefer liegenden und sumpfigen Ackerfelds im Ammertal weil nützlicher zu Wiesen verwendet werden, wenn sich der Bauer einer solchen Neuerung entschliessen könnte. Die hauptsächlichen Produkte sind mittelmässiger Wein, Dinkel, Weizen, Gerste, Haber, nur sehr wenig Roggen, Erbsen, Wicken, Linsen, Hanf, Rüben, Ackerbohnen, Ölmagen, Welschkorn, in neueren Zeiten immer mehr Obst, nämlich Äpfel, Birnen, Zwetschgen, nur sehr wenig Nüsse und. Kirschen.

Die Einwohner sind im Vergleich mit abgelegeneren Orten (z.B. Münchingen, Hemmingen,  usw.) wegen ihres häufigen Verkehrs mit Ludwigsburg und Stuttgart gewandter aber dennoch weder bösartig noch unlenksam.

Der frühere wohlhabende Ort ist in neueren Zeiten weit heruntergekommen, obgleich die Markung gross genug ist und die Nähe bei der Residenzen den Verkauf der Produkte sehr erleichtert, auch den Aermeren Gelegenheit darbietet, durch Taglohn vieles zu verdienen. Dagegen sind auf den Bürgern lastenden Gülten und Steuern gar zu drückend, indem sie außer dem Zehenten alljährlich noch über 1400 Scheffel Dinkel nicht nur zu geben, sondern selbst auch meist weit nach Schorndorf zu liefern haben. Es erklären sich zugleich aus dieser Berührung mit dem Remstal  die mehrfache Einwanderung aus dieser Gegend: Seybold 1770 von Endersbach, Frey 1770 von Weiler bei Schorndorf, Schick 1814 und Göttling 1826 beide von Beinstein im Remstal. Der Grosse das heisst der Frucht- und Weinzehnte gehörte dem Spital Stuttgart, der aus dem Ertrag das Pfarr- und Schulhaus zu bauen und zu unterhalten und Pfarrer und Lehrer zu besolden hat. Ausserdem bezieht der Pfarrer von allem, was in der Brach gebaut wird den kleinen Zehnten, nämlich Ackerbohnen, Raps, Welschkorn, Wickenfutter, Klee,  Ölmagen, Rüben, Angersen und Erbsen - doch nur, wenn sie vordem 25. August zeitig werden, was selten der Fall ist; wenn sie später zeitigen,  werden sie mit dem grossen Zehenten vom Spital Stuttgart eingezogen. Der Ertrag dieses kleinen Pfarrzehnten ergab einen durchschnittlichen Erlös von jährlich 350 Gulden. Den Zehnten von Erdbirnen, Hanf und Flachs welch letzterer jedoch hier nicht gebaut wird, bezieht der Pfarrer vom ganzen Winter – und Sommerfeld mit Ausnahme des Schnellerschen 'Und Geradstetter Hofguts, ebenso dem Zehenten von Obstsorten.

 

Der Zehnte des Lehrers erträgt jährlich 50 Gulden, ausserdem stehen dem Lehrer Mesnergarben im Werte von jährlich 100 Gulden, und Mesnerlaibe im Wert von 50 Gulden zu.“

 

 

Ergänzungen dazu von Hermann Seybold jun. etwa. 1946:

 

Durch das Wachsen des Ortes und dem gezwungenen engen Zusammenwohnen in früheren Zeiten, in denen man an die vorhandenen Brunnen gebunden war, wo vielfach in den Möglinger Bauernstuben noch ein Himmelsbett aufgestellt war, versuchte man immer wieder neue Brunnen zu erstellen. So wurde am 25.3.1849 der Eintrag gemacht: "In der Schwieberdingerstr. soll 1 Brunnen gegraben werden, hat aber keinen Erfolg“. Der wichtigste Brunnen mitten im Ort der Maulbronnen war bis 1804 mit einem Dach versehen und ist im Spätjahr eingestürzt er soll neu aufgebaut werden ohne Dach  (G.P. vom 06.01.1805)

Früher gab es auch im Dorfe sehr wenig Hunde!

Ausser den Schäferhunden waren keine im Ort. Am 01.07.1835 suchte Gemeindepfleger Joh. Georg Völlm und Stiftungspfleger Ludwig Ditting nach, 1 Hund halten zu dürfen, da sonst kein Hund im Ort sei. Nach einem Herzoglichen Oberamtlichen Befehl ist jede Gemeinde verpflichtet 2 Hunde zu halten, solche werden dem Gehegebereiter Bauer übergeben. (03.04.1783)

Das Herzogliche Hühnerhaus samt 1 Viertel Morgen,  7 ¼ Ruthen Garten wurde hier auch am 31.08.1835 mit Genehmigung des Kgl. Hofkameral Amt's und der Kgl. Hof-Domänenkammer vom 31.07.1835 an Ludwig Rübel um 199 Gulden verkauft. Dieser ließ es schon 5 Monate später (26.01.1836) zum Abbruch an Johann Georg Jäkle, um 135 Gulden.

Da in jenen Jahren auch der Obstbau bei uns immer mehr zu Blüte kam, wurde am 26.10.1846 Johannes Gerstle von der Gemeinde nach Hohenheim geschickt zur Erlernung der Obstbauzucht. Dafür zahlte die Gemeinde 15 Gulden.

Wurde sonst immer bei Krankheitsfällen der Hofmedikus von Ludwigsburg geholt, so erfahren wir 1834 (G.P.S.25) von einem Doktor Gottlieb Reichert, Feldwebels Sohn von hier, der sein Vermögen verstudiert hat  - 1835 will sich dieser Arzt Reichert in Beilstein niederlassen. (Anmerkung W. Reichert 2007: er hieß Gottlob Reichert, *1803, +1868, war von 1835 bis 1868 Stadtarzt in Beilstein)

Wie damals auch energisch gegen ansteckende Krankheiten vorgegangen wurde zeigt ein Gemeinde Rats Protokoll vom 03.03.1834: Bei Feldschütz Kienzle sind die Menschenblattern ausgebrochen das Haus wird gesperrt, die 11 Personen erhalten von der Gemeinde täglich 12 Pfund Brot, 2 ½ Pfund Fleisch oder ½ Pfund Butter ½ Vierling, 1 Pfund Mehl, ¼ Pfund Salz. In der Woche viermal Fleisch, 1 mal Butter. 1842 kostete ein Scheffel Dinkel 6 Gulden und 1841 nur 5 Gulden.

 

Über das Dienen beim Militär lassen wir nun einige Berichte folgen!

 

28.09.1840: Jakob Blank, 50 Morgen Güter, will seinen Sohn Paul loskaufen gegen Ersatzmann.

Johann Georg Pflugfelder will seinen Sohn Christof loskaufen gegen Ersatzmann mit 400 Gulden. (Pflugfelder hat 45 Morgen Güter)

07. Nov.1840: Gottfried Schüle, als ältester Sohn sucht um Befreiung vom Militär, am

08.01.1841 Jakob Friedrich Maier, am

13.01.1841: Johannes Salzer Georg Sohn wegen Astma, dann suchen noch um Befreiung nach:

16.11.1841:  Johann Georg Motz als ältester Sohn und am

16.12.1841: Jakob Friedrich Seybold als ältester Sohn einer Witwe.

Oberfeldwebel Jakob Friedrich Kienzle verheiratet sich am 28.10.1844 mit Kath. Magdalene Mann von hier.

04.12.1846: Reiter Gottlieb Kroll hat gedient und will wieder einstehen

Auch Karl Fr. Neuffer will in Kriegsdienst nach Frankfurt a./M am 07.08.l847, desgleichen auch am 28.04.1848 Wilhelm Fr. Wild.

Jakob Friedrich Wörner sucht am 18.12.1848 "als ältester Sohn einer Witwe“ nach um Befreiung vom Militär.

Am 12.04.1855 treten Johann Ludwig Knoss und Johann Friedrich Frei wiederholt ein beim Militär.

Der früher um die Kirche gelegene Begräbnisplatz, von dem „die Umfriedungsmauer noch steht" wurde im Jahr 1830 aufgegeben und dagegen ein neuer sehr ansehnlicher am südlichen Ende des Dorfes mit einem Gemeindeaufwand von 1500 Gulden angelegt.

Im Jahr 1836 liess die Gemeinde ein öffentliches Backhaus mit einem Aufwand von 600 Gulden herstellen, welches dann. nach 10-jährigem Leerstehen im Februar 1946 abgebrochen wurde.

 

Hermann Seybold

                                                                                    [zurück]