Aus „Gemeinde Möglingen – Wegweiser 1997“

(nach Adolf Seybold)

 

Die ersten Spuren menschlicher Besiedlung in der Möglinger Gemarkung stammen aus der Jungsteinzeit (um 2000 v. Chr.). Der Hohenasperg war möglicherweise der Ort, wohin die Jungsteinzeitbauern bei Gefahr flohen (Fliehburg). Eine jungsteinzeitliche Benutzung ist nicht mehr nachzuweisen, da sich die Kuppe des Aspergs stark verändert hat; dafür hat man aber an seinen Hängen entsprechende Funde gemacht. Der Hohenasperg hatte seit Urzeiten eine ausschlaggebende Rolle für die Menschen unserer Gegend gespielt.

Die Geschichte Möglingens ist nicht lückenlos darzustellen, man kann vieles nur vermuten. Als sicher gilt, dass das »Kleinaspergle" um 400-300 v. Chr. als Grabhügel eines keltischen Fürsten entstanden ist. Auf der Anhöhe zwischen Möglingen und Asperg sind noch zwei unerforschte keltische Grabhügel.

Möglingen wurde nicht als Haufendorf gegründet, sondern ist aus Einzelhöfen bzw. kleinen Weilern herausgewachsen. Weilerartige Vorgängersiedlungen dürften in der Zeit der alemannischen Landnahme (3. bis 5. Jahrhundert) oder unmittelbar danach entstanden sein. In unserer Gemarkung müssen mindestens 3 alemannisch- fränkische Siedlungen bestanden haben, die jeweils in der Nähe der drei ausgegrabenen Reihenfriedhöfe zu suchen sind. (43 Gräber bei der Bahnhof-/ Alemannenstraße; 5 Gräber südlich der Schwieberdinger Straße auf der Anhöhe im Westen des Dorfes, 400 m vom ersten Friedhof; ein Grab beim Wiesenweg 14.)

1275 wird Möglingen erstmals im Liberdecimationis des Bistums Konstanz genannt. Wenn man im Jahre 1975 den 700jährigen Geburtstag des Ortes gefeiert hat, so war dies bezüglich des Alters mit Sicherheit nicht zu hoch gegriffen. Im Gegenteil, im Jahre 1275 war das heutige Möglingen bereits in Form einer dörflichen Siedlung mit einer eigenen Pfarrkirche existent. Der Name entwickelte sich von Megemingen (3 Jahre später Megeningen) über Megningen, Megmingen und Meglingen zu Möglingen. Die Endung "ingen" drückt eine Zugehörigkeit eines bestimmten Kreises von Menschen zu der namengebenden Person aus. Diese Person hieß wahrscheinlich Magano, Magino oder Megino, was soviel wie "Mächtiger" heißt. Also ist Megemingen (Megeningen) mit »die Siedlung der Leute des Magino" zu übersetzen.

In jedem unserer Dörfer war von Anfang an eine adlige Dorfherrschaft vorhanden, die das Verfügungsrecht über die Gemarkung, den sogenannten Zwing und Bann besaß und die Polizeigewalt, die Vogtei, handhabte.

Dieser Ortsadel leitet sich von dem ehemaligen Begründer der Siedlung ab, dem Sippenführer, dessen Name wie wir sahen, in den meisten Ortsnamen unseres Bezirks steckt.

Früher war der Bauer durch den Flurzwang an die Dorfgemeinschaft und durch die Grundlasten an seine Herrschaft gebunden. Es wurde ausschließlich Brotfrucht und Wein angebaut. Im Sommer wurde das Vieh auf die Gemeindeweiden und das Brachfeld getrieben. Die Sommerfrucht war bei uns Schwaben von alters her der Hafer, die Winterfrucht der Dinkel. Gerste und Weizen wurden nur wenig angebaut, Roggen nur als Schweinefutter und des Strohs wegen. Vor tausend Jahren überwog der Feldbau bereits die ältere Weidewirtschaft. Schon die ältesten Urkunden bezeugen die Dreifelderwirtschaft.

Im Mittelalter mussten die Eigentümer der Höfe Abgaben bis zur Hälfte des Ertrags an die Herrschaften (Eigentümer) leisten, dazu noch den Zehnten reichen, und außerdem wurden sie vom Dorf auch noch besteuert, also eine sehr hohe Belastung. Diese Wirtschaftsform, bei der ein Hofinhaber einen mehr oder weniger großen Teil seines Ertrags abzuliefern hatte, nennt man Teilbau. Dieser hatte den Vorteil, dass die Abgaben bei schlechten Ernten entsprechend geringer waren. Die Abgaben wurden Ende des 14. Jahrhunderts in jährlich gleichbleibende Gülten, zum Beispiel 367 Malter (altes Getreidemaß in Baden rund 1,5 hl, Preußen rund 7 hl, Sachsen rund 12,5 hl) Feldfrüchte im Jahr, umgewandelt, wobei vermutlich der Durchschnittsertrag zugrunde gelegt wurde.

Neben diesen Lebenshöfen finden wir besonders in Möglingen viele steuerfreie Höfe. Das wirkte sich so aus, dass die übrigen Hofbauern umso höher belastet wurden; kein Wunder, dass diese auf die "Freymaier" schimpften und die Beseitigung ihrer Vorrechte verlangten. Daraus ergab sich ein langer Kampf um die soziale Gleichberechtigung, die allerdings noch lange auf sich warten ließ.

Durch den Tübinger Vertrag im Jahre 1514 wurde die Teilbarkeit der Bauerngüter beim Erbgang zugelassen. So kam es zu der Güterzerstückelung in Württemberg. Die großen Möglinger Höfe wurden manchmal bis zu einem Vierundsechzigstel aufgeteilt. In jedem Haus war ein Stall, oft nur für 2 bis 3 Stück Vieh. War keine Scheune beim Haus, so wurde irgendwo ein Scheunenanteil gepachtet oder gekauft.





Zwei historische Persönlichkeiten waren im 16. Jahrhundert in Möglingen. Der deutsche Maler Albrecht Dürer und Herzog Ulrich.

1519 weilte Albrecht Dürer hier, um an Ort und Stelle die Belagerung des Hohenaspergs durch den schwäbischen Bund zu zeichnen.

Nach einem handgeschriebenen Bericht des Stuttgarter Hofbibliothekars des Herzogs Ludwig (1580), kam Herzog Ulrich während seiner Verbannung (1519 bis 1534) öfters heimlich in sein Stammland Württemberg, ohne sich zu erkennen zu geben. So kam er eines Tages auch nach Möglingen, um im hiesigen Gasthaus zu nächtigen. Die Wirtin war bei seinem Anblick aufs höchste erstaunt und meinte zu ihrem Mann: "Wenn ich nicht wüßte, dass unser Herzog vertrieben ist, müsste ich glauben, dieser wäre es." Endlich nahm sie ihr Herz auf die Zunge und redete den Gast selber an: "Ehrenwerter Junker, so hat Herzog Ulrich Euch einst gleichgesehen." Da lachte Ulrich und entgegnete: "Ja, er ist etwas mit mir verwandt."

Um 1535 wurde Möglingen unter Herzog Ulrich evangelisch.





Wie viele andere Orte litt auch Möglingen sehr unter dem 30jährigen Krieg (1618-1648). Die Zahl der Bürger (das sind Haushaltsvorstände mit hiesigem Bürgerrecht) nahm von 130 auf 32 ab. Erst um 1775 wurde der Stand vom Jahre 1627 mit 670 Seelen wieder erreicht.

1693 brannten über 30 Gebäude und das Rathaus nieder.

1796 litt Möglingen unter französischer Belagerung,

1797 unter österreichischen Truppen.

1805 zogen Soldaten Napoleons durchs Dorf.





In der Oberamtsbeschreibung aus dem Jahre 1859 liest man: "Zum Anbau kommt vorzugsweise Dinkel, dann Hafer, Gerste, weniger Einkorn, Roggen (nur um des Bindestrohs willen)."

Die Hauptfrucht, das alte "Schwäbisch Korn", der Dinkel nämlich, ist heute weitgehend unbekannt. Wir wissen daher auch nicht mehr, wie in alter Zeit das Brot und wie unsere schwäbische Nationalspeise, die Spätzle, geschmeckt haben.

Um 1850 wurde bei uns die Vierfelderwirtschaft eingeführt, die zu einer Ertragssteigerung führte, da die Felder besser ausgenutzt wurden und nicht mehr wie früher jedes 2. Jahr brach liegen mussten, , sondern nur noch jedes 3. Jahr.  Im 1. Jahr wurde Wintersaat (Dinkel), im 2. Jahr Sommersaat (Hafer) und im 3. Jahr Futterpflanzen (oft Klee) ausgesät. Ein Bauer hatte von jedem dieser Bereiche (Zelgen) drei etwa gleich große Stücke.

Die Pankratiuskirche (Prankratius von Pankraz - heiliger römischer Märtyrer; wurde nach der Legende um 300 als 14-Jähriger enthauptet; bereits um 500 wurde ihm zu Ehren in Rom eine Kirche errichtet) bestand auch schon vor 1275. Sie stellt eine" Wehrkirchenanlage" dar, also eine Kirche, hinter deren Mauern sich im Mittelalter die Dorfbewohner bei Gefahr flüchteten. Bei einem Umbau im 15. Jahr- hundert wurde der Bauschutt in das Kircheninnere auf den Boden des Turmgeschosses geworfen, wodurch der jetzige Boden 1 Meter höher ist als der frühere. Dadurch erscheint der Bogen zur Kirche auffallend niedrig und unproportioniert. Eine alte Glocke (wahrscheinlich 13. Jahrhundert) hängt heute noch im Turm.

Im ersten Weltkrieg mussten 39, im zweiten 134 Söhne unseres Dorfes ihr Leben lassen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wuchs die Einwohnerzahl von 1.400 auf 10.000 an.

Übrigens: Möglingen hatte die älteste Dorfschule im Amt Gröningen. Im Jahre 1540 wurde der damalige Mesner, sein Name ist nicht bekannt, zum Schulmeister bestellt. Der Besuch der Schule war freiwillig. Der Unterricht beschränkte sich auf Lesen, Schreiben und Singen. Wo der Lehrer selbst rechnen konnte, wurde auch etwas gerechnet.